Film

Tony Stark – Iron Man

Gibt ja einen ganzen Haufen Avengers. Aber bei einem hat es der liebe Gott mit dem Selbstbewusstsein schon sehr großzügig gemeint. Hält nur selten die Klappe: Tony Stark.

Iron Man (2008) – Die Story

Drehbuch: Mark Fergus, Hawk Ostby, Art Marcum, Matt Holloway
Multimilliardär. Großindustrieller. Playboy. Tony Stark (Robert Downey jr.) hat ein erfülltes Leben. Nach einem Anschlag hängt das aber am seidenen Faden. Mal eben einen kleinen Mini-Reaktor fürs Herz gebastelt und schon geht es aber deutlich besser. Die passende High-Tech Rüstung kommt auch noch obendrauf. Und schon bald gesellt sich eine neue Rolle in Starks schon gut gefülltes Portfolio: Superheld.

 

Die Einführung von Tony Stark

Ein Militärtruck fährt durch die Wüste Afghanistans. In einem der Fahrzeuge sitzt, im schicken Anzug und mit einem leckeren Drink in der Hand, der Multimilliardär Tony Stark. Seine Begleiter: US-Soldaten im Militäroutfit. Wirklich redselig sind diese aber nicht – ganz im Gegensatz zu Tony. Der beklagt sich über die Stille und erfährt, dass die Soldaten von ihm wohl etwas eingeschüchtert sind.

Ein paar flotte Sprüche später ist aber das Eis gebrochen. Einer der Soldaten möchte nun wissen, ob Tony wirklich mit allen 12 Cover-Mädchen der Maxim ausgegangen ist. Und ein Anderer würde sich über ein Foto mit ihm freuen. Leider kommt da ein kleiner Sprengstoffanschlag einer Gruppe Terroristen dazwischen. Tony überlebt als Einziger das anschließende Schussgefecht und flüchtet sich zu einem Felsen. Ausgerechnet eine von seiner Firma produzierte Rakete setzt ihn dann aber schmerzhaft außer Gefecht. Dank Schutzweste ist er zwar noch am Leben, wacht aber als Statist in einem Propagandavideo der Terroristen auf. Dieser Medienauftritt war so definitiv nicht geplant.

Die Analyse

Ein anderer Auftritt war dagegen geplant. Nach der Eröffnungssequenz in der Wüste Afghanistans folgt im Film nämlich ein kleiner Zeitsprung (36h in die Vergangenheit) zu einer großen Gala in Las Vegas. Gehuldigt wird hier keinem geringeren als Tony Stark und zwar auch in Form eines kurzen Filmporträts. Das fasst mal eben ganz nüchtern dessen wichtigste Lebensstationen zusammen: Kindheit, Jugend, Tod des Vaters und Übernahme der Firma.

Larger than Life – der zweiten Einführung von Tony mangelt es nicht an Größe, aber an Kreativität (Foto: ©Concorde Video)

Damit präsentiert uns der Film so etwas wie eine zweite Einführung der Figur. Und dieser Nachzügler ist dabei vor allem eines: unglaublich uninspiriert. So sieht Charakteraufbau aus, wenn man sich möglichst keine Arbeit machen möchte. Im Wesentlichen wird uns hier lieblos ein Lebenslauf vorgelesen. Kann man mit viel Wohlwollen effizient nennen, ist aber dann doch ein kreatives Armutszeugnis. Das es auch anders geht zeigt aber der gleiche Film in den Minuten zuvor. Und so wenden wir uns doch lieber der deutlich gelungeneren Einführungssequenz in der Wüste zu.

Wüste Party
Das Erste was wir hierbei von Tony zu sehen bekommen ist seine Hand. Die wiederum nicht alleine ist sondern ein Glas Scotch hält. Charakterzeichnung und Alkohol haben in diesem Blog ja schon einmal eine kleine Rolle gespielt. Hier ist dabei besonders das Umfeld interessant. Wir sitzen nämlich in einem Militärtruck der mit schwerbewaffneten Soldaten durch die afghanische Wüste heizt. Nicht gerade der Ort, an dem man einen gekühlten hochprozentigen Drink erwarten würde. Dazu wummert Partymusik aus einer kleinen Stereoanlage, die von einem der Soldaten skeptisch betrachtet wird. Unser mysteriöser Gast scheint also ein cooler Typ zu sein, der sich selbst in diesem martialischen Umfeld nicht die Laune verderben lassen möchte.

There is a party – hier läßt sich einer die Party nicht vermiesen (Foto: ©Concorde Video)

Kontrast ist hier mal wieder ein ganz entscheidendes Mittel zum Charakteraufbau. Mit einer Mischung aus Schüchternheit und Angst blicken die schwerbewaffneten Soldaten im Fahrzeug auf unseren Scotch-Trinker. Genau das verleiht unserer Hauptfigur schon einmal einen unglaublich starken Respektvorschuss. Und das bevor wir überhaupt deren Gesicht gesehen haben. Impliziert wird nämlich ganz eindeutig folgendes: Wenn diese toughen Jungs mit ihren schweren Waffen von diesem Mitfahrer schon so beeindruckt sind, dann muss der ja eine ganz schön große Nummer sein.

Sprücheklopfer mit Stil
Feiner Anzug, coole Sonnenbrille und komplett relaxt – der erste Blick auf den „ganzen“ Tony Stark enttäuscht dann auch nicht. Außer ihm ist aber keiner in Partystimmung und so regt sich Tony über die angespannte Stille in dem Wagen auf. So wird weiter etabliert, dass Tony hier der coole Junge ist, der es liebt im Mittelpunkt zu stehen und dem ein bisschen Partystimmung stets gut bekommt. Das er nun mit ein paar lockeren (teils auch deutlich chauvinistischen) Sprüchen das Eis zu seinen Mitfahrern bricht unterstreicht nur weiter seine Rolle als Selbstdarsteller. Interessant ist hier aber vor allem, wie die Reaktion der Truppe darauf ausfällt.

Nicht gerade das ideal Outfit für den Krieg – Kontrast ist manchmal alles
(Foto: ©Concorde Video)

Man achte einmal darauf, wie hier geschickt das Bild des selbstverliebten Lebemanns weiter ausgebaut wird, gleichzeitig aber dafür gesorgt wird, dass dieser auch nicht zu unsympathisch rüberkommt. Gleich mehrmals läßt Tony ein paar durchaus chauvinistisch angehauchte Sätze und Geschichten vom Stapel. So analysiert er den Körperbau der einzigen weiblichen Soldatin im Wagen und gibt eine selbstbewusste Antwort auf die Frage nach seinen Affären mit ein paar attraktiven Cover-Girls.

Chauvi der Herzen
All das könnte eine Figur auch unsympathisch erscheinen lassen. Egal wie humorvoll und spielerisch das hier auch präsentiert wird. Das Drehbuch entschärft diese Gefahr aber clever, in dem sie diesen Witzen durch die Reaktionen der Nebenfiguren ihre Absolution erteilt. Der ganze Wagen grinst nämlich bei Tonys Sprüchen. Ganz entscheidend ist dabei die Reaktion der weiblichen Soldatin. Es ist kein Zufall, dass bei beiden chauvinistischen Sprüchen immer auch die Reaktion der Frau gezeigt wird. Die ist von Tony nämlich weiterhin angetan und damit wird dem Zuschauer signalisiert: alles noch im Rahmen. Würden die Figuren dagegen anders reagieren, insbesondere unsere weibliche Fahrerin, könnte Tony leicht in die Rubrik Arschloch abrutschen. Wie das Umfeld eine Figur wahrnimmt kann also ein entscheidender Punkt im Hinblick auf ihren Sympathiegrad sein.

Selbst die Dame lacht – und erteilt Tonys Witzen damit die Absolution (Foto: ©Concorde Video)

Um genau diesen Sympathiegrad nicht zu arg in Mitleidenschaft zu ziehen, wird der Humor von Tony auch geschickt dazu genutzt, um Tony zumindest etwas zu erden. Man sieht dies gut, als die Soldaten sich nur zögerlich dazu durchringen können ihm Fragen zu stellen. Teils wird hier, wie in der Schule, erst einmal brav die Hand gehoben. Dadurch das Tony das anspricht und sich darüber lustig macht bekommt er zumindest ein klein bisschen Bodenständigkeit verpasst. Das gleiche Spiel passiert dann bei dem Fotowunsch eines der Soldaten. Kein Problem für Tony, ganz nach dem Motto: ein Star zum Anfassen.

Im Krieg sind alle gleich
Im Gegensatz zu der später folgenden Lebenslaufpräsentation sind die Hinweise auf Tonys berufliche Situation hier auch deutlich subtiler verpackt. Dass er im Waffengeschäft tätig ist deutet sich erst durch einen lockeren Kalauer an: „I would be out of a job with peace“. Als wenig später dann eine Rakete mit dem Schriftzug seiner Firma (Stark Industries) neben ihm einschlägt wird das dann zur Gewissheit. Man muss Sachen eben nicht immer direkt aussprechen – tut der Film nur leider dann später in seiner zweiten Einführungssequenz.

Bei einer solchen „larger-than-life“-Persönlichkeit wie Tony Stark bleibt aber natürlich immer die Gefahr, dass ich als Zuschauer nicht wirklich eine enge Verbundenheit fühle. Dafür sorgt der Film dann aber im zweiten Abschnitt der Eröffnungssequenz, als er Stark mal eben den Boden unter den Füßen wegzieht. Der Anschlag macht ihn verwundbar und panisch – er ist auf einmal einer von uns. Innerhalb des Wagens verschiebt sich nun auch die Machtposition. Auf einmal schaut Stark zu den Soldaten auf – er braucht Hilfe. Mit einem Fingerschnippen habe ich die Hauptfigur komplett geerdet. Nun kann ich mich als Zuschauer viel einfacher mit dieser Figur identifizieren, mit der ich bisher ja keine große Empathie hatte, da sie in der Rubrik witziger Exzentriker verortet war.

Panik statt coolen Sprüchen – Unter Dauerfeuer ist auch Tony nur ein Mensch (Foto: ©Concorde Video)

Es ist also eigentlich ganz clever, wie der Film hier elegant eine Figur entwirft, deren exzentrischen Charakterzüge ihr nicht zum Nachteil werden. Und die trotz ihrer Exzentrik am Ende eine wirkliche Verbindung zum Zuschauer aufbauen kann. So ist es nur schade, dass man uns anschließend noch so eine misslungene zweite Einführung in den Rachen stopft. So geht es der Einführung in „Iron Man“ ein bisschen wie ihrer Hauptfigur: sie hat ein echtes Herz auf das ein künstliches obendrauf gepackt wird.

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