Serie

Ned Stark – Game of Thrones

Das Eintreten von düsteren Prophezeiungen ist nun wirklich das Letzte, was man als Burgherr braucht. Freut sich deswegen mal so gar nicht auf den drohenden Winter: Ned Stark.

Game of Thrones (seit 2011) – Die Story

Drehbuch Episode 1: David Benioff & D.B. Weiss
In der mittelalterlich anmutenden Welt von Westeros wird der Burgherr Eddard „Ned“ Stark (Sean Bean) zum Berater des Königs Robert Baratheon ernannt. Eigentlich eine Ehre, aber leider nicht gerade der ideale Zeitpunkt. Lügen und Intrigen nehmen am Königshaus überhand, alte und neue Feinde formieren sich und dann gibt es auch noch Gerüchte, dass eine alte Prophezeiung („Winter is coming“) sich bald bewahrheiten könnte: die Rückkehr der furchteinflößenden „White Walker“ aus dem Norden.

Die Einführung von Ned Stark
Die Serie beginnt mit drei Spähern, die bei einem Routine-Ausritt einen Haufen übel zugerichteter menschlicher Überreste entdecken. Lange Zeit zur Detektivarbeit bleibt ihnen aber nicht, denn die Schuldigen, die übernatürlich wirkenden White Walker, sind noch in der Gegend und dürsten nach noch mehr Blut. Kriegen sie auch und lediglich einer der drei Späher kommt gerade noch so mit seinem Leben davon.

Könnte man jetzt Glück nennen, hält aber nicht lange an. Kurz darauf wird unser Späher nämlich auf seiner panischen Flucht von Soldaten des Lords Eddard „Ned“ Stark festgenommen. Und die sehen Deserteure mal so gar nicht gerne. Der Lord selbst befindet sich derweil in seiner Burg und beobachtet dort als Hausherr, zusammen mit seiner Frau Catelyn, wie seine erwachsenen Söhne Robb und Jon dem deutlich jüngeren Sohn Bran im Burghof das Bogenschießen beibringen wollen. Funktioniert nur mittelprächtig, aber als die beiden Bran für seine mangelnde Schießkunst auslachen schreitet Ned ein. Er staucht Robb und Jon für ihre Arroganz zusammen und findet aufmunternde Worte für den jüngsten Spross.

Kurz darauf werden Ned und Catelyn über die Gefangennahme des Spähers unterrichtet. Da dieser desertiert ist gibt Ned direkt die Anweisung die Pferde satteln zu lassen, um die Exekution durchzuführen – wovon ihn seine Frau aber abhalten möchte. Erst recht, als Ned dann auch noch entscheidet, dass er den jungen Bran zur Hinrichtung mitnehmen möchte. Protest abgelehnt, die Exekution wird kurz darauf in Anwesenheit des Jungen abgewickelt. Anschließend nimmt sich Ned Bran zur Seite, um ihm die Beweggründe hinter der Exekution zu erläutern. Brans Nachfrage, ob die Aussagen des Deserteurs über die Rückkehr der „White Walker“ richtig seien, verneint Ned zwar, aber er scheint spürbar besorgt zu sein.

Analyse

Ja, das mit der Definition der Hauptfigur einer Serie ist manchmal so eine Sache. Bei „Game of Thrones“ läßt sich die Frage eigentlich nur in der ersten Staffel zufriedenstellend klären. Also werfen wir hier einen Blick auf den guten alten Ned Stark, seine Etablierung als klassisches Familienoberhaupt und ein paar, teilweise auch schon vertraute, Mechanismen der Charaktereinführung.

Die Serie startet ohne Hauptfigur, dafür aber mit jeder Menge Blut. Es ist der gute alte Story-Teaser mit dem es hier los geht. Die dunkle Bedrohung durch die White Walker wird etabliert und beim Zuschauer durch diese kleine Vorschau gleich zwei Dinge ausgelöst. Erstens, er wird neugierig gemacht und bekommt schon mal gleich etwas Action geliefert. Zweitens, er erhält einen inhaltlichen Vorsprung gegenüber dem Protagonisten. Dieser Vorsprung erzeugt Spannung, da wir der Hauptfigur nach diesem Intro nun ja etwas voraus haben. Ähnlich funktioniert Spannungsaufbau übrigens im Horrorfilm, wo wir oft gerade dadurch gefesselt werden, dass wir im Gegensatz zu den Figuren wissen, was für eine tödliche Gefahr da auf sie lauert.

Der Patriarch
Durch diesen Mechanismus bekommt die nun folgende Etablierung der „normalen Welt“ und ihrer Hauptfigur natürlich zusätzliche Spannung verliehen, auch gerade weil der Kontrast hier nun so groß ist. Die Trainingsszene im Burghof ist nämlich alltägliche Routine und kommt sehr spielerisch und locker daher. Aber wir ahnen ja bereits, dass dieser Friede wohl nicht von langer Dauer sein wird. Bevor die ersten Vorzeichen aber am Hof eintreffen, wird erst einmal deutlich gemacht, wer hier auf der Burg das Sagen hat.

Wie Ned von oben herab über das Geschehen im Burghof wacht, ist schon rein visuell ein perfektes Bild für dessen übergeordneter Rolle. Ned ist der gleichermaßen strenge wie auch liebevolle Patriarch, der die Zügel fest in der Hand hat und über allem thront. So kritisiert er (seine Söhne für das Auslachen von Bran) und motiviert er (Bran zum weiteren Üben mit dem Bogen). Die Reaktion der Familienmitglieder ist dabei eindeutig – Neds Wort wird ohne Diskussionen akzeptiert, er ist die unantastbare Vaterfigur.

Einmal Logenplätze bitte. Ned wacht über seine Familie.
(Foto: ©Warner Home Video)

Ein Mann, ein Wort
Es ist ein ganz einfach Mechanismus, mit dem hier durch wenige Sätze die Rollenverteilung und der Status der Beteiligten deutlich gemacht wird. Dabei achtet die Serie darauf, dass Ned zwar als starke Autorität präsentiert wird, gleichzeitig aber auch eine menschliche Seite zeigt, damit der Zuschauer sich leichter identifizieren kann. Bestes Beispiel ist das Lächeln, mit dem Ned kurz darauf das Herumtoben der Kinder quittiert. Nur um dann wieder ein ernstes Gesicht aufzusetzen, als er die Nachricht über den Deserteur erhält. Und die darauf folgende Entscheidung, die nötige Exekution anzusetzen, ist zwar eindeutig (er läßt sich auch von der eigenen Frau nicht abbringen), aber auch hier wird spürbar vermittelt, dass sie Ned keine Freude bereitet. Ein ganz essentieller Punkt, um die Figur nicht unsympathisch wirken zu lassen.

Klare Regeln zum Wohle aller – und ich selbst gehe mit gutem Beispiel voran. Eid ist Eid, Gesetz ist Gesetz. Genau das sind die Leitsätze, an denen sich Ned orientiert. Aber da ist eben auch noch mehr. Ned wird eben auch als jemand präsentiert, dem die Tragweite mancher Entscheidungen durchaus bewusst ist und dem diese dann auch spürbar nur wenig Freude bereiten. Es ist spannend zu sehen, wie das Drehbuch gleich zu Beginn schon die Vielschichtigkeit der Figur betont und dabei ihren inneren Konflikt offenlegt. Hier ist ein guter Mensch, der nicht so gute Dinge tun muss, weil er nur so das Glück seiner Untertanen und seiner Familie bewahren kann.

Der Mann, der ein Urteil fällt, soll auch das Schwert führen.
(Foto: ©Warner Home Video)

Pflicht sucks
Auf die Spitze getrieben wird dies schließlich mit Neds Entscheidung, den eigenen Sohn zur Hinrichtung mitzunehmen. Diese Szene, in der Ned sich dazu verpflichtet fühlt, ein Leben zu nehmen, um die Sicherheit vieler Anderer weiterhin zu garantieren, mündet dann auch in einem Dialog, der Neds ganzes Dilemma perfekt zusammenfasst. Mit genauso entschlossenem wie besorgtem Blick erklärt Ned seinem Sohn, warum er das Urteil nicht nur fällen, sondern auch persönlich umsetzen musste. Der Mann, der ein Urteil fällt, soll auch das Schwert führen. Dieser Satz von Ned ist aber nicht einfach nur das Weitergeben eines wichtigen Ehrenkodexes. Es ist gleichzeitig auch eine Rechtfertigung. Eine Rechtfertigung dafür, warum der eigene Sohn seinen Vater gerade als Henker erleben musste – obwohl diesem das Ausüben dieser Funktion so spürbar widerstrebt.

So fokussiert sich die Einführung von Ned Stark stark auf den zentralen inneren Konflikt der Figur und etabliert diese gleichzeitig als unangefochtenen Patriarchen mit Sinn für Gesetz und Ehre. In wieweit dieser Ehrenkodex der Hauptfigur aber wirklich auch Glück bringt ist wiederum eine andere Sache…

P.S.: Eine Rezension von mir zu den ersten vier Staffeln gibt es übrigens hier bei den Jungs von filmszene zu lesen.

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